Nachhaltige Landwirtschaft klingt toll! Aber was bedeutet das eigentlich?
Einfach ausgedrückt ist nachhaltige Landwirtschaft Erzeugung, die langfristig aufrechterhalten werden kann. In der Praxis bedeutet das, dass Böden bei der Erzeugung nicht geschädigt (und letztendlich unfruchtbar gemacht) werden und dass ErzeugerInnen jetzt und in Zukunft einen angemessenen Lebensunterhalt erwirtschaften können. Bei der Rainforest Alliance sehen wir nachhaltige Landwirtschaft als eine Reise – einen Schadensbegrenzungsansatz, der den Boden bereitet (Achtung, Wortspiel!) für regenerative Landwirtschaft, das heißt, ein ganzheitliches Betriebsdesign, das den Reichtum der Natur wiederherstellt, wiederaufstockt und sogar erweitert.
Warum ist es höchste Zeit, dass wir Landwirtschaft nachhaltiger gestalten?

Konventionelle Landwirtschaft richtet massive Schäden bei Mensch und Natur an. Sie ist für 90 Prozent der Entwaldung des tropischen Regenwalds verantwortlich, um nur eine Sache zu nennen, und wir benötigen Wälder dringend zur Bekämpfung des Klimawandels. Darüber hinaus sind viele weit verbreitete landwirtschaftliche Praktiken, z. B. übermäßige Abhängigkeit von Pflanzenschutzmitteln, abträglich für die menschliche Gesundheit und schaden den Böden. Durch verschlechterte Böden wird es für ErzeugerInnen schwieriger, ausreichend Nutzpflanzen anzubauen, um davon leben zu können, und die Ernährungssicherheit wird bedroht.
Für uns bei der Rainforest Alliance geht es beim Thema Nachhaltigkeit nicht nur um die Umwelt, sondern auch um Menschen. Und da ErzeugerInnen und ArbeiterInnen in landwirtschaftlichen Betrieben überall auf der Welt Schwierigkeiten bei der Inanspruchnahme grundlegender Menschenrechte haben, fördert unser Zertifizierungsprogramm die Gleichstellung der Geschlechter und verbietet und verhindert Zwangsarbeit, Kinderarbeit und mehr. Anders ausgedrückt fördert die Rainforest Alliance soziale, wirtschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit.
Unser Zertifizierungsprogramm
Walderhaltung und Agroforstwirtschaft

Es ist wahrscheinlich nicht überraschend, dass unser Zertifizierungsprogramm Entwaldung verbietet – immerhin sind wir die Rainforest Alliance! Das Programm fördert auch Wiederaufforstung und Agroforstwirtschaft, die Methode, schattenliebende Nutzpflanzen wie Kaffee und Kakao in der Nähe von Bäumen zu pflanzen. Bäume auf landwirtschaftlichen Betrieben können dazu beitragen, Waldstücke miteinander zu verbinden, Temperatur und Luftfeuchte zu regulieren und die Bodengesundheit zu verbessern. Fruchttragende schattenspendende Bäume, wie zum Beispiel Bananen- und Mangobäume können für ErzeugerInnen ein zusätzliches Einkommen darstellen. Noch dazu schmeckt im Schatten angebauter Kaffee besser, da er langsam reift und dabei im Laufe der Zeit komplexe Aromen entwickelt.
Besseres Einkommen für ErzeugerInnen
Landwirtschaft kann nur als nachhaltig bezeichnet werden, wenn die ErzeugerInnen ihre Familien versorgen können. Glücklicherweise verbessert unser Ansatz zur Verbesserung der Einkommen der ErzeugerInnen ebenfalls die Bodengesundheit. Durch die natürliche Bekämpfung von Schädlingen und Unkraut wird zum Beispiel die Notwendigkeit verringert, Pflanzenschutzmittel zu kaufen, wodurch ErzeugerInnen weniger Kosten haben und mehr für ihre Familien ausgeben können. Durch das Anpflanzen von Obstbäumen haben ErzeugerInnen ein weiteres Produkt zu verkaufen, und natürlich speichern Bäume Kohlenstoff und versorgen den Boden mit Nährstoffen.
Rechte von LandarbeiterInnen

Während die meisten kleinbäuerlichen Betriebe auf Arbeit der Familie oder der Gemeinschaft angewiesen sind, neigen größere landwirtschaftliche Betriebe dazu, viele ArbeiterInnen anzustellen. Unser Programm erfordert angemessene Unterkunft, persönliche Schutzausrüstung, Muttschaftsschutz und Arbeits- und Gesundheitsschutz für ArbeiterInnen. ArbeiterInnen sollten wenigstens einen Mindestlohn erhalten. ArbeitgeberInnen sollten letztendlich einen so genannten existenzsichernden Lohn zahlen – ein Arbeitsentgelt, das einen angemessenen Lebensunterhalt sicherstellt und Nahrung, Wasser, Unterkunft, Bildung, Gesundheitsversorgung, Transport, Kleidung und andere wesentliche Bedürfnisse deckt, darunter auch Rücklagen für unerwartete Ereignisse. Unser Programm bietet starke Werkzeuge zur Verhinderung und Eindämmung von Kinder- und Zwangsarbeit und anderen Menschenrechtsverletzungen.
Maximierung der Bodengesundheit und der Kohlenstoffspeicherung
Was könnte wichtiger für ErzeugerInnen sein als ein gesunder Boden? Je gesünder der Boden ist, desto besser hält er Feuchtigkeit, so dass Pflanzen Dürreperioden besser überstehen. Ökologisches Kompostieren, wie es von unserem Programm gefordert wird, reichert den Boden an und reduziert den Einsatz teurer chemischer Dünger, die außerdem Gewässer verunreinigen. Darüber hinaus kann der Wechsel zwischen verschiedenen Arten von Bodendeckerkulturen – Pflanzen, die in der Nachsaison angebaut werden, um Bodenerosion zu verhindern – die Bodenqualität erheblich verbessern. Ein weiter Pluspunkt: Bodendecker können eine halbe Tonne CO2 pro 0,4 Hektar speichern, so dass der Fruchtwechsel eine wirkungsvolle natürliche Klimalösung darstellt.
Wasserschutz

Bestimme Anbaukulturen, wie zum Beispiel Kaffee, sind nicht nur äußerst wasserintensiv, sie benötigen zusätzlich große Mengen an Frischwasser während ihrer Verarbeitung. Und schlimmer noch: Schmutzwasser aus der Verarbeitung kann Flüsse und Bäche in der Umgebung verunreinigen. Eine praktische und kostengünstige Lösung ist es, Bäume an Wasserwegen zu pflanzen, um Erosion zu verhindern (und hatten wir schon erwähnt, dass Bäume Kohlenstoff speichern?).
Integrierte Unkraut- und Schädlingsbekämpfung
Verlässt man sich zu sehr auf Pflanzenschutzmittel und Herbizide, bringt dies hohe Risiken mit sich, und das nicht nur für Ökosysteme. Diese gefährlichen Chemikalien können auch die Gesundheit von ErzeugerInnen und ihren Familien beeinträchtigen. Als erste Maßnahme gilt es also, die schädlichsten Chemikalien auszuschleichen und dann allmählich weiter zu reduzieren. ErzeugerInnen in unserem Programm wenden Integrierte Unkraut- und Schädlingsbekämpfung an. Dazu gehört, dass natürliche Feinde der verbreitetsten Schädlinge eingeführt werden, „selektive Unkrautvernichtung“, bei der nützliche Beikräuter den Boden bereichern können, und Unkraut regelmäßig zu jäten. Schädliches Unkraut kann von Hand entwurzelt und zu organischem Dünger verarbeitet werden. Auch wenn es zunächst mehr Arbeit bedeutet, reduzieren diese Methoden in vielen Fällen auf lange Sicht die Kosten und steigern die Ernteerträge.
Gleichstellung der Geschlechter

Etwa 40% der weltweiten Arbeitskräfte in der Landwirtschaft sind Frauen. Dennoch dürfen Frauen vielerorts kein Land besitzen, entweder aufgrund von kulturellen Normen oder von Gesetzen, und haben schlechten Zugang zu landwirtschaftlichen Schulungen oder finanziellen Ressourcen. Dies ist nicht nur unfair, sondern auch unklug: Studien legen nahe, dass der Hunger auf der Welt dadurch verringert werde könnte, dass Frauen gleichberechtigten Zugang zu Ressourcen und Möglichkeiten erhalten. Andere Studien zeigen, dass weibliche Erzeugerinnen dazu neigen, ihren Gewinn in ihre Familien und ihre Gemeinschaften zu reinvestieren, wenn sie ihr eigenes Einkommen erwirtschaften. Unser Zertifizierungsprogramm bietet – und erfordert die Nutzung von – starke(n) Werkzeuge(n), um Ungleichbehandlung der Geschlechter in landwirtschaftlichen Betrieben zu vermeiden und zu beheben.
Regeneration als Ziel: Wir können dazu beitragen, eine regenerative Zukunft zu erschaffen
Der Übergang von konventionellen Anbaumethoden zu einem regenerativen landwirtschaftlichen Betrieb kann teuer sein, und es gibt keinen Grund, dass ErzeugerInnen diese Last allein tragen sollten. Diejenigen mit der meisten Macht und den meisten Ressourcen – Unternehmen und Regierungen – sollten starke finanzielle und legislative Unterstützung bieten.
Aber auch VerbraucherInnen können einen Beitrag leisten, indem sie beim Lebensmitteleinkauf eine verantwortliche Wahl treffen. Wenn Sie unseren Frosch auf Ihren Lieblingslebensmitteln und -getränken sehen, können Sie sicher sein, dass diese zu einer besseren Welt beitragen. Und Sie müssen uns dabei nicht blind vertrauen: Wir setzen unabhängige PrüferInnen ein, um sicherzugehen, dass landwirtschaftliche Betriebe und die Unternehmen, die bei diesen landwirtschaftlichen Betrieben einkaufen, unsere strengen Zertifizierungsanforderungen erfüllen, die alle von ExpertInnen darauf ausgelegt wurden, die Einkommen von ErzeugerInnen zu verbessern und Böden zu nähren.
Wenn wir alle an einem Strang ziehen, um die Art zu ändern, wie unsere Lebensmittel hergestellt werden, können wir eine bessere Welt für Mensch und Natur erschaffen.
Wir sind alle dabei. Sie auch?